Die Entwicklung der Darmflora im Leben

Bereits im Mutterleib besiedeln erste Mikroben den menschlichen Körper. Während der Geburt und der ersten Lebensjahre entsteht dann nach und nach ein Ökosystem von gigantischem Ausmaß, ohne das der Mensch nicht überleben könnte. Mit zunehmendem Alter lässt die Artenvielfalt des Ökosystems wieder nach und das Immunsystem wird schwächer – dem entgegenzuwirken
lohnt sich.


Die uns besiedelnden Mikroorganismen machen zwar nur ein bis drei Prozent unseres Körpergewichts aus, sie sind uns an Zellen aber haushoch überlegen. 100 Milliarden Mikrobenzellen besiedeln den menschlichen Körper – das sind zehnmal mehr Mikrobenzellen als menschliche Körperzellen. Die Mikroflora begleitet uns ein Leben lang und fügt unserem Genom mit einer Größe von etwa
22.000 Genen weitere 8 Millionen Gene hinzu. Zu den wichtigsten Aufgaben der Mikroflora im Darm gehören die Verdauung von ansonsten unverdaulichen Stoffen, die Abwehr von Krankheitserregern und das Training des Immunsystems.

Im Mutterleib

Lange Zeit gingen Wissenschaftler davon aus, dass die Plazenta den Fötus steril hält. Nach aktuellen Studien ist diese Annahme jedoch falsch. Denn in den letzten Jahren fanden Wissenschaftler mehrere Hinweise auf eine vorgeburtliche Besiedlung des kindlichen Darms. In einer Studie vom Mai 2014 nahmen Wissenschaftler mikrobielle Proben von 320 Plazentas. Sie stammten von Frauen, die unmittelbar zuvor ein Kind geboren hatten. Mit Hilfe moderner DNA-Analyse-Methoden sequenzierten sie die Genome der Plazenta Mikroben und machten eine erstaunliche Entdeckung: Anstatt der Bakterien aus der Vaginalflora fanden die Forscher dort Bakterien, die den Mikroben im Mund der Mutter ähnelten, wenn auch in einer geringeren Menge. Wie die Mundbakterien in die Plazenta gelangen, ist bisher noch unklar. Wahrscheinlich wandern sie über den Blutstrom, wie Wissenschaftler vermuten. Von der Plazenta aus können die Bakterien über das Fruchtwasser den Körper des Babys besiedeln, so die Annahme. Sollten sich die Vermutungen bestätigen, würde die Mundflora der Mutter eine wichtige Rolle für die Gesundheit des Babys spielen. Indirekte Hinweise dazu lieferte die Studie bereits: Frauen, deren Babys zu früh zur Welt gekommen waren, trugen andere Bakterien in ihrer Plazenta als Frauen, deren Kinder termingerecht geboren wurden. Auch frühere Studien wiesen bereits auf einen Zusammenhang zwischen Munderkrankungen wie Parodontitis und verfrühten Geburten hin. Das bedeutet: Bakterien, die Munderkrankungen auslösen, können wahrscheinlich zur Plazenta gelangen und von dort eine vorzeitige Geburt auslösen können.

Bei der Geburt

Neben der Mundflora der Mutter spielt auch die Art der Geburt eine wichtige Rolle für die bakterielle Besiedlung des Kindes. Während einer vaginalen Geburt kommt das Baby zunächst mit der mütterlichen Vaginal- und Fäkalflora in Kontakt, später auch mit den Hautbakterien der Mutter. Kommt ein Kind per Kaiserschnitt zur Welt, fehlt der initiale Kontakt zur Vaginal- und Fäkalflora der
Mutter. Diese Kinder werden zunächst vor allem von den Hautbakterien der Mutter und von den Bakterien der Krankenhausumgebung besiedelt. Die Kolonisation des Darms dieser Kinder mit Lactobacillus-, Bifidobakterium– und Bacteroides-Arten findet später als bei vaginal geborenen Kindern statt. Ob per Kaiserschnitt geborene Kinder wegen der veränderten bakteriellen Besiedlung anfälliger für Erkrankungen wie Allergien und Asthma sind, ist derzeit Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen. Hinweise dazu gibt es bereits.

Die ersten Jahre

In den ersten Lebensjahren bauen die Mikroorganismen aus der Umgebung des Kindes zusammen mit den Bakterien aus der Muttermilch die Darmflora des Kindes auf. Ob ein Baby gestillt wird oder industriell hergestellte Milch erhält, spiegelt sich in der Zusammensetzung der intestinalen Mikroflora wider. Der Darm gestillter Kinder wird hauptsächlich von Bifidobakterien besiedelt, die pathogenen Keime besonders effektiv abwehren. Die Mikroflora von sogenannten Flaschenkindern ähnelt hingegen der Mikroflora von Erwachsenen.

Der erwachsene Mensch

Mit zunehmendem Alter besiedeln immer mehr und immer unterschiedlichere Bakterien den menschlichen Darm. Wie sich die intestinale Mikroflora eines Erwachsenen zusammensetzt, lässt sich jedoch nicht pauschal beantworten. Denn dabei spielen zahlreiche Faktoren wie die genetische Ausstattung des Menschen, sein Alter, seine Ernährung, sein Bildungsstand und sein Gesundheitszustand eine Rolle. Grundsätzlich findet man im Darm eines Erwachsenen hauptsächlich Bakterien der Stämme Bacteroidetes (meist Bacteroides- oder Prevotella-Arten) und der Firmicutes (meist Clostridium- und Lactobacillus-Arten) –    ihre Anteile können aber von Mensch zu Mensch
beträchtlich variieren. Je nachdem, welche Bakterien in der Überzahl sind, unterscheiden Wissenschaftler heute drei Enterotypen: den Bacteroides-, den Prevotella- und den Ruminococcus-Typ. Die Übergänge zwischen den einzelnen Enterotypen sind jedoch fließend. Inwieweit der Enterotyp eine Rolle für die Gesundheit spielt, ist allerdings noch nicht klar.

Im Alter

Im letzten Lebensabschnitt eines Menschen vereinfacht sich die Zusammensetzung der intestinalen Mikroflora wieder. Bacteroides dominiert die Firmicutes, die Proteobakterien nehmen zu, während die Anzahl der Bifidobakterien abnimmt. Dazu trägt der veränderte Lebensstil alter Menschen bei: Sie bewegen sich seltener, essen oft einseitiger, leiden häufiger an Infektionskrankheiten und entzündlichen Erkrankungen und nehmen öfter Medikamente ein. Die schlechtere Reaktionsfähigkeit des Immunsystems im Alter kann auf eine veränderte intestinale Mikroflora zurückgehen. Denn die Bakterien einer intakten Mikroflora stimulieren und trainieren das Darmassoziierte Immunsystem. Fällt das Training weg, verschlechtert sich die Reaktivität des Immunsystems. Die Basis einer schützenden Darmflora im Alter sind demnach eine abwechslungsreiche Ernährung und eine Medikation, die die Darmflora nicht unnötig schädigt oder den Säuregehalt im Magen herabsetzt. Probiotische Produkte und Nahrungsergänzungsmittel können eine gesunde Darmflora zusätzlich unterstützen und der nachlassenden Artenvielfalt im Alter entgegenwirken. Bakterienhaltige Arzneimittel können das Immunsystem stimulieren und so die Infektanfälligkeit verringern.  

Im Erwachsenenalter, bei chronischen Erkrankungen oder bei einem geschwächten Immunsystem, lohnt es sich immer eine Mikroökologische Untersuchung des Stuhlgangs. Sie gibt darüber Auskunft, wie der Darm aktuell besiedelt ist, und welche Darmbakterien sinnvoll sind.

Wenn Sie sich unsicher sind, vereinbaren Sie einen Telefon Beratungstermin. Gerne berate ich Sie welche Art von Darmaufbau für Sie individuell sinnvoll ist.

Herzlichen Gruß

QUELLEN:
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